Ein häufiges Problem junger Frauen ist die
häufig wiederkehrende Harnwegsinfektion im Zusammenhang mit Geschlechtsverkehr.
Pathogenese (Krankheitsentstehung):
Die Harnröhre der Frau ist nur etwa 3cm lang
und mündet knapp vor dem äußeren Ende der Scheide. Diese Region wird beim
Geschlechtsverkehr gereizt und es kann Sekret aus der Scheide in die Harnröhre
transportiert werden. Wenn dieses Sekret nun pathogene (krankmachende) Keime
enthält, können diese in die Harnblase hinaufwandern und zur Blasenentzündung
führen.
Die Scheide ist nicht steril, sondern
normalerweise von einer Schutzflora von Bakterien besiedelt. Diese
Milchsäurebakterien, so sie in ausreichender Zahl vorhanden sind, erzeugen vor
allem einmal ein niedriges pH (ein saures Milieu), in dem sich andere
(pathogene) Keime nicht entwickeln können.
Die Zahl der Milchsäurebakterien wiederum
ist von verschiedenen Faktoren abhängig:
-
Falsch verstandene Hygiene wie z.B. häufige Scheidenspülungen,
Waschen mit ungeeigneten Substanzen, ständiges Tragen von dampfdichten
Slipeinlagen ("feuchte Kammer"!), zu seltener Wechsel der Tampons während
der Menstruation.
-
vom
Hormonhaushalt: Diese Milchsäurebakterien benötigen zum Leben
eine Substanz (Glykogen), die die Zellen der Scheidenhaut nur unter
Östrogeneinfluss erzeugen können. Zwar ist bei jungen Frauen üblicherweise
genügend Östrogen vorhanden, das hormonelle Gleichgewicht kann jedoch durch
verschiedene Umstände gestört sein (nicht passende "Pille", Operationen an
den Eierstöcken, Hormonstörung)
-
unphysiologische Keimbesiedlung
der Scheide mit pathogenen Keimen (echte Infektion): Keime aus dem
Darm etwa, Geschlechtskrankheiten (Gonorrhö), "bakterielle Vaginose"
-
Antibiotika (genommen zur Behandlung ganz anderer Erkrankungen)
können die Milchsäurebakterien zerstören.
-
Anatomische Abnormitäten
wie etwa die Ausstülpung von Cervixschleimhaut auf den Muttermund (Erosio
portionis, Ektopie) können zu einer vermehrten Sekretion in der Scheide mit
damit verbundener pH-Änderung führen, die wiederum die Zahl der
Milchsäurebakterien vermindert. Angeborene Fehlbildungen der harnableitenden
Wege fallen dagegen meist schon im Kleinkindalter auf.
Für eine erfolgreichen Behandlung häufig
wiederkehrender Harnwegsinfekte bei jungen Frauen müssen folgende Punkte
beachtet werden:
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Exakte Anamnese, wann und unter
welchen Umständen die Harnwegsinfekte auftreten (einschließlich
Sexualpraktiken)
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Abklärung der Keimbesiedlung
in Harnblase UND Scheide (mikroskopische Untersuchung des Scheidensekretes,
Bakterien-Kultur des Scheidensekretes, Harnkultur)
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Suche nach anatomischen Abnormitäten
und deren Behandlung
-
Ausschluss hormoneller Ursachen
Die Behandlung erfolgt dann aufgrund der
erhobenen Befunde. Wichtig ist, dass nach einer eventuellen antibiotischen
Therapie nach etwa 6 Wochen nachkontrolliert wird, ob diese wirklich erfolgreich
war, ob pathogene Keime womöglich überlebt haben und wieder - sobald sie sich
genügend vermehrt haben - zu Beschwerden führen können, oder ob es sich
womöglich sogar um eine echte neuerliche Infektion handeln könnte.
Vorbeugemaßnahmen abseits der notwendigen medizinschen Behandlung sind:
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Einhaltung einer richtigen Wasch-Hygiene
(pH-Verschiebung) und richtige Verwendung von
Toilettenpapier(Keimübertragung)
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Verzicht auf risikoreiche
Sexualpraktiken (Keimübertragung)
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Ausreichendes Trinken vor und
Urinieren unmittelbar nach dem Geschlechtsverkehr (reduziert die
Keimzahl in Blase und Harnröhre)
-
Ansäuern des Harnes z.B.
mittels Cranberry- Fertigpräparaten (pH)
-
Eventuell kommt auch eine spezielle
Schluckimpfung in frage.
© Dr. Lingard,
Wien
Juni 2017
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